Am 9. September 1985 schwamm die Heidelbergerin Vasanti Niemz als zweite deutsche Frau und erstes Mitglied des Sri Chinmoy Marathon Teams nach den Regeln der Channel Swimming Association durch den Ärmelkanal von England nach Frankreich. Die 28-jährige Übersetzerin benötigte für die 33 km von Dover nach Calais, die durch Gezeitenströmungen auf über 50 km anwachsen können, offiziell 17 Stunden 01 Minuten.

Sri Chinmoy Marathon TeamDer Ärmelkanal hat schon viele Schwimmer herausgefordert. Seit 1875, als Captain Mathew Webb die erste Überquerung gelang, haben ihn ca. 250 Personen durchschwommen (Stand 1985), viele sogar mehrmals, manche mehrfach. 1926 schaffte es im zweiten Anlauf die erste Frau, Gertrude Ederle, eine deutschstämmige USA-Einwanderin mit amerikanischem Pass. Die Erfolgsquote jedoch ist sehr niedrig: von 100 Versuchen waren 1985 25-30 erfolgreich.

Der Kanal, der als Mount Everest des Schwimmens gilt, ist berüchtigt wegen seiner Kälte, der Quallen, der starken Gezeitenströmungen und des oft unvorhersehbaren Wetters, das den Schwimmer mitten bei der Überquerung zum Aufgeben zwingen kann. Dazu kommt der rege Schiffsverkehr mit Fähren, Tankern und Containerschiffen in einer der befahrendsten Schifffahrtsstraßen der Welt. Viele jedoch scheitern an der Wassertemperatur, die im Sommer 1985 bei 13.5 Grad Celsius lag und in der Regel nicht über 16°C ansteigt (inzwischen dank Klimawandel bis ca. 18 Grad), und müssen nach einigen Stunden wegen Unterkühlungsgefahr aus dem Wasser geholt werden. Dazu kommt der psychische oder geistige Faktor: nicht allein die körperliche Fitness und eine gewisse Isolationsschicht sind ausschlaggebend, sondern Ausdauer, Mut, Durchhaltewille und eine positive innere Haltung sind nötig, um die Strecke und das lange Alleinsein im Wasser durchzustehen. Die Faszination des Kanals ist sicher auch die, dass keine Überquerung der anderen gleicht, und dass es den meisten nicht um die Zeit, sondern allein um das Durchhalten geht – um die Herausforderung gegenüber sich selbst. Der Rekord lag 1985 bei 7 Std 40 Min., aufgestellt von der Amerikanerin Penny Lee Dean im Jahre 1978 – überhaupt sind Frauen am Kanal überproportional erfolgreich!

(Aktuelle Rekorde siehe: www.doverlife.co.uk)

Nach den Regeln der Channel Swimming Association (oder heute auch der Channel Swimming & Piloting Federation) ist der Schwimmer bzw. die Schwimmerin nur mit einem Badeanzug und einer Badekappe bekleidet und darf keine fremden Hilfsmittel wie Flossen etc. verwenden. Schwimmbrille und eine spezielle Fettmischung, als Kälteschutz direkt auf die Haut aufgetragen, sind jedoch erlaubt. Man darf während der Überquerung keinen körperlichen Kontakt zu Helfern haben und sich nicht am Begleitboot festhalten, von dem aus man verpflegt wird und das einen zwischen den unzähligen Schiffen hindurchlotst und die Richtung vorgibt. Ein offizieller Beobachter auf dem Boot nimmt die Zeit und notiert alle Vorkommnisse während der Überquerung: Jede „Fütterung“ wird festgehalten, stündlich wird die Zahl der Armbewegungen pro Minute notiert, die Wassertemperatur gemessen und die Windstärke sowie die Position des Schwimmers aufgeschrieben. Nur dann wird die Überquerung auch offiziell anerkannt, denn es gibt immer wieder Fälle sportlicher Unfairness, wo jemand behauptet, den Kanal durchschwommen zu haben, und sich später zeigt, dass er Hilfsmittel benutzte, sich ziehen ließ oder gar nur ein kurzes Stück geschwommen war.

Vasanti hatte für ihre Überquerung lange warten müssen. Zwischen dem 25. und 29. Juli, in der zweiten Schwimmperiode des Monats, hatte sie den Termin für das Begleitboot gehabt. Am 15. Juli war sie nach Dover gereist, um sich dort im Hafen an das kalte Wasser zu gewöhnen und einen 7-stündigen Testschwimm bei stürmischsten Bedingungen zu absolvieren. Aber das Wetter machte ihr einen Strich durch die Rechnung: der schlechteste Sommer seit Jahrzehnten erlaubte nur schnellen Schwimmern einen Versuch, wenn der Wind kurzfristig einmal nachließ. Die wenigsten wagten es. Einer - Eric Johnson - jedoch brach gleich den Rekord von Frankreich nach England: 8 Std. 20 Min. Interessanterweise schaffte es in diesem Jahr auch der Abenteurer-Millionär Stephen Fossett, in 22 h 15 Min., ebenfalls von Frankreich nach England.

Am 15. August mußte Vasanti Dover erstmal wieder verlassen, flog nach New York und konnte sich dort in Long Island noch besser an Wellen, Seetang und Quallen gewöhnen, wenn auch das Wasser viel zu warm war. Am 31. August flog sie zurück nach Dover, und nach einer kurzen Eingewöhnungszeit war am 9. September endlich der ersehnte Tag da: Um 7.00 Uhr morgens begann die Überquerung. Um 6.00 Uhr war man aufs Boot gegangen, wo die Schwimmerin mit dem erlaubten Fett, einer weißen Mischung aus Lanolin und Vaseline (“Channel grease”) dick eingeschmiert wurde wie eine Torte. Dieses Fett löst sich zwar nach ein paar Stunden weitgehend ab, schließt aber die Poren der Haut und verhindert so zu großen Wärmeverlust des Körpers. Vom Hafen fährt das Boot zum Shakespeare Beach unterhalb der weißen Klippen, an dem normalerweise die Versuche von englischer Seite starten, und dort begann das Unternehmen.

Vasanti über ihre Überquerung:

“Am schwierigsten waren eigentlich die ersten beiden Stunden. Man muss erst seinen Rhythmus finden, und man hat alles noch vor sich. Nach vier Stunden sagte der Bootsführer, Dave Whyte, das Tempo sei schneller als erwartet und statt der geschätzten 16 Stunden werde ich vielleicht nur 12 Stunden brauchen. Das gab mir großen Auftrieb. Die Zahl der Kraulbewegungen hatte sich nach 2 Stunden auf 70 pro Minute eingependelt und sollte auch bis zum Schluss konstant bleiben. Nach 6 Stunden konnte ich vom Wasser aus schon die französische Küste sehen, die Hälfte des Kanals war zurückgelegt – rein geographisch betrachtet. In diesem Augenblick wusste ich, dass ich es schaffen würde. Nach weiteren vier Stunden heißt es: noch 2-3 Stunden. Ich konnte es gar nicht glauben, da ich wusste, dass eigentlich bald die Gegenströmung einsetzen musste, aber jetzt genoss ich das Schwimmen in der leichten Dünung um so mehr. Das Wasser war relativ klar, Sonnenstrahlen tanzten im Wasser, hie und da kleine Fische, ein paar Schiffe und Fähren in sicherer Distanz, nichts Dramatisches.

Gegen 19 Uhr englischer Zeit setzt die Dämmerung ein, die Stimmung wird unendlich friedlich. Bei der nächsten Fütterung jedoch heißt es: Die Gezeitenströmung, die nun aufkommt, ist stärker als erwartet und treibt uns etwas ab. Wir werden in einer Bucht landen müssen und es wird etwas länger dauern. Das Boot macht seine Lichter an und ich bekomme eine Glimmröhre auf dem Rücken befestigt, damit ich in der Dunkelheit nicht verloren gehe. Dennoch haben Uli und Tina, meine beiden Helfer, oft keine Ahnung, wo ich mich befinde, da das Boot immer ein wenig vorausfährt und dann wieder auf mich wartet. Ich habe Vertrauen und schwimme brav dem erleuchteten Boot hinterher – etwas anderes bleibt mir ja auch nicht übrig. Zum Glück macht mir die Dunkelheit nichts aus – anders als erwartet. Ich kann sogar den Sternenhimmel über mir bei jedem Atemzug bewundern. Auch die Kälte stört mich nicht. Ich fühle mich ganz wohl, freue mich, dass ich nach so vielen Stunden noch so viel Energie zu haben scheine, und mache mich in Gedanken schon mit der Möglichkeit vertraut, noch weitere 3-4 Stunden schwimmen zu müssen. 12 Stunden war ich ja im Training schon geschwommen, die Herausforderung geht ja erst richtig los. Die Zeit zwischen den einzelnen Fütterungen vergeht erstaunlich schnell. Manchmal frage ich nach, ob wirklich schon 45 Minuten vergangen sind – es fühlt sich oft an wie 20, maximal. Während ich schwimme versuche ich sehr konzentriert zu sein und keine negativen Gedanken oder Gefühle aufkommen zu lassen. Einmal, als ich gerade dachte, wie warm mir das Wasser vorkommt, rief mir Uli “aufmunternd” zu: “Das Wasser ist noch genauso kalt wie am Anfang” - und wollte damit wohl ausdrücken, dass es auch jetzt in der Nacht nicht kälter geworden war. Als ich das Wort “kalt” hörte, fing mein Körper sofort zu frösteln an! Oft sang ich innerlich still vor mich hin. Mein Meditationslehrer Sri Chinmoy, der von New York aus den Schwimm über Telefonverbindung genau mitverfolgte und wie viele meiner Freunde und Team-Mitglieder kraftvolle innere Unterstützung gab, hatte eigens ein Lied für den Kanal geschrieben, und die Zeile “in meinem Herzen und vor meinen Augen fliegt der Vogel der Ekstase” gefielt mir besonders. Zwar brachte ich Worte und Melodie immer wieder durcheinander, aber die Inspiration kam durch. Jemand fragte mich später, ob ich ein Mantra hatte. Dieses Lied war mein Mantra, und das Schwimmen selbst (“my stroke is my mantra”, sagte eine andere Schwimmerin).

Nachdem meine Helfer mir noch ein paarmal gesagt hatten “Nur noch 1-2 Stunden” und der Beobachter notierte “still smiling, still going strong”, stoppte das Boot auf einmal – endlich – und das Schlauchboot wurde heruntergelassen, mit dem mich der Beobachter bis zum Strand begleiten musste. Jetzte streifte ich auf einmal mit meinen Händen etwas unter der Wasseroberfläche. Erst dachte ich, vielleicht überwachsene Felsen (so dicht unter der Oberfläche??), dann merkte ich, dass es lebendig war – Fische? Vom Boot rief Uli auf meine Frage nur “schwimm weiter!”, und gehorsam steuerte ich auf die Lichter am Ufer zu. Noch 10 Minuten, schätzte ich. Auf einmal schlugen mir Wellen über den Kopf und ich wunderte mich, wo die herkamen. Da schoss es mir durch den Kopf: flacher Sandstrand! Vorsichtig streckte ich die Füße nach unten – und stand bis zur Hüfte im Wasser! Die Wellen spülten mich vollends an den Strand, und um 23.55 Uhr hatte ich trockenen Boden unter den Füßen (offizielle Zeit allerdings 17 Std. 01). Die Lichter von Wissant waren weit im Landesinnern gewesen. Ich ließ mich im Schneidersitz nieder, um den Augenblick zu genießen, aber sofort wurde es kalt und ich ging ins Wasser zurück. Ich war glücklich, es geschafft zu haben, fühlte aber keine Ekstase oder dergleichen, einfach nur tiefe innere Ruhe und Dankbarkeit. Das war also der Ärmelkanal! Eigentlich gar nicht so schwer, dachte ich bei mir, man muss nur durchhalten. (Ich hatte aber auch extremes Glück gehabt mit den äußeren Bedingungen.)

Im Schlauchboot wurde ich aufs Boot gebracht und dort freudestrahlend von allen empfangen. In Decken gewickelt, immer noch das klebrige Fett am Körper, konnte ich mich endlich unter Deck legen und erzählen. Ich war viel zu aufgedreht um zu schlafen und hatte ein riesiges Mitteilungsbedürfnis, während meine treuen Helfer müde und geschafft waren. Innerlich hatte ich ein großes Gefühl von Frieden und Heiterkeit. Von den drei Stunden der Rückfahrt schlief ich vielleicht eine Stunde. Zuhause, d.h. in unserer Pension, wusch ich mir in der engen Dusche erst mal das Fett vom Körper. Nach zwei weiteren Stunden Schlaf begleiteten wir dann einen Freund, Adhirata Keefe aus New York, mit seiner Crew zum Strand, der an diesem Tag seinen Überquerungsversuch startete. Weitere Freunde, alles Mitglieder unseres Sri Chinmoy Marathon Teams, trafen am Strand mit uns zusammen. Sie hatten einige Tage vorher eine Staffel versucht, waren aber wegen Seekrankheit einiger Schwimmer zum Aufgeben gezwungen. Die Staffel war von Frankreich aus in der Nacht bei hohem Wellengang gestartet, und einige waren schon auf der Überfahrt dorthin seekrank geworden und konnten keine Nahrung mehr bei sich behalten. Adhiratha, der noch ruhigeres Wasser hatte als wir am Vortag, schaffte es ebenfalls, in nur 14 Stunden 51 Minuten.

Sofort nach meiner Überquerung rief mich Sri Chinmoy an und lud mich nach New York ein, dem Hauptsitz des Sri Chinmoy Marathons Teams, wo wir überschwenglich begrüßt und gefeiert wurden. Ich musste immer wieder betonen, wie erstaunlich leicht mir das Ganze gefallen war, dank all der inneren und äußeren Unterstützung, aber es war schön zu sehen, wie sich alle meine Freunde über diesen “Sieg” freuten und Inspiration daraus gewannen. Das Vertrauen meiner Freunde und das Gefühl, die Überquerung nicht nur für mich, sondern in gewissem Sinn auch für alle, die mitfieberten, zu machen, hat mir mit Sicherheit stark geholfen. Ich selbst hatte Mut und Vertrauen gewonnen z.B. durch Tarak Kauff, der durch alle 50 Staaten der UA gelaufen ist, Kanchan Stott, die als erste Frau Kanada von einer Küste zur anderen durchquert hat und viele andere, nicht zuletzt all die Kanalschwimmer vor mir. Und das ist auch eine der schönen Erfahrungen dabei: Dass man Dinge erreichen kann, die für viele unmöglich erscheinen, wenn man nur die Vision, den Mut, den Enthusiasmus, die Entschlossenheit und den Glauben daran hat, denn dann erhält man zusätzliche Kraft. Wobei mentaler Wille allein nicht reicht. Die Inspiration muss aus einer tieferen Quelle kommen.

Mein Teamkollege Adhiratha, der an der UNO arbeitet, hat seine Überquerung dem 40. Jubiläum der Vereinten Nationen gewidmet, da auch das Ziel einer Welt des Friedens und der Harmonie, ohne Krieg und ohne Armut, das von vielen als unrealistisch betrachtet wird, nur duch Geduld, Entschlossenheit, starken Willen und eine Vision des Ziels Schritt um Schritt verwirklicht werden kann. Aber das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist.

Was war für mich die Motivation zu einem solchen Unternehmen?

Ich habe mit dem Sport erst wieder richtig begonnen, seit ich meditiere. Früher liebte ich Schwimmen in Seen und im Meer – die Unendlichkeit des Wassers -, Skifahren und Turnen, aber nicht den Wettkampf, weil ich nur im Schlagballwerfen oder beim Völkerball Siegeschancen hatte. Dann kam eine recht ungesunde Studentenzeit, und gleichzeitig mit der Meditation und dem Aufgeben des Rauchens begann ich 1981 mit dem Laufen. Ich lernte längere Strecken lieben, weil man dabei sehr schöne Erfahrungen mit sich selbst machen kann und kein Spitzensportler zu sein braucht. Einen Marathon und mehrere 12-Stunden-Gehen hatte ich bald hinter mir. Wegen einer Schienbeinentzündung bei der Vorbereitung auf den New York Marathon 1984 verlegte ich mich wieder etwas aufs Schwimmen, um nicht gar nichts zu tun. Aber erst im April 1985 begann ich mit dem Training für den Kanal.

Wie es dazu kam: Ein Teamkollege, ein sehr guter Schwimmer, hatte es im Jahr zuvor versucht und war gescheitert, vor allem an der Kälte. Bei einem Treffen in New York im April 1985 kam die Idee wieder auf, und einige Freunde beschlossen, ernsthaft zu trainieren. Sri Chinmoy empfahl zwei Testschwimmen zur Vorbereitung: 12 Meilen (ca. 20 km) Ende Mai und 18 Meilen (ca. 28 km, fast die Kanal-Distanz) für Ende Juni, im offenen Gewässer, für das Ziel, im Juli nach Dover zu gehen – eine verrückt kurze Vorbereitungszeit. Ich traute mich erst gar nicht zu sagen, dass ich schwimmen wollte, weil ich an meiner eigenen Disziplin zweifelte. Aber die Faszination war da, wie eine innere Stimme, die rief “ich will es versuchen”! Gute Fettpolster gegen die Kälte waren vorhanden, als Folge des Nichtrauchens, Ausdauer hatte ich schon immer, auch im Schwimmen, und vielleicht mit Hilfe der Meditation etwas mehr Optimismus und innere Willenskraft als jemand, der 1-2 Jahre trainieren muss. Letzten Endes war ich dann diejenige, die bei den Testschwimmen übrigblieb. (Die New Yorker hatten sehr schwierige Bedingungen bei ihren Testschwimmen im freien Gewässer, nur Adhiratha wiederholte dann den missglückten 18-Meilen-Schwimm und war der einzige New Yorker, der sich im September auch ein Solo zutraute.)

Für viele sind Langstreckenerfahrungen eine Art spirituelle Erfahrung, und das war sicherlich auch etwas, was ich suchte – und fand. An die (vermeintlichen) Grenzen seiner eigenen Leistungsfähigkeit zu gehen und zu sehen, dass es noch viel weiter geht, gegen innere Widerstände zu kämpfen und die tiefe Freude zu empfinden, wenn man sie überwindet, sind Erfahrungen, die man bei Ultra-Distanzen beim Laufen wie beim Schwimmen sucht und findet. Aus einem mehr oberflächlichen Tagesbewusstsein kann man zu einem tieferen, meditationsähnlichen Zustand gelangen und durchaus mystische Erfahrungen machen. Julie Ridge spricht vom “Einswerden mit dem Wasser und dem Himmel”, Tom Hetzel sogar – etwas zögernd – von Gott nahekommen.

Für mich war der Kanal – vor allem mit der kurzen Vorbereitungszeit – eine ganz große Herausforderung, die mir vielleicht das letzte abverlangen würde, der ich mich aber gewachsen fühlte. Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass mich der Kanal und alles, was damit zusammenhängt: das Training, Erfahrungen mit Menschen etc., sehr verändert hat, und viele Freunde bestätigen das. Ich habe noch nie so intensiv und erfüllt gelebt wie während meiner Trainingszeit von Ende April bis September 1981. Ich bin ausgeglichener geworden, besitze eine tiefe innere Zufriedenheit und fühle mich stärker, freier und unabhängiger. Ich beginne Sport wirklich ernst zu nehmen und zu genießen und habe durch das intensive Training ein gutes Gefühl für gesunde Ernährung bekommen. Zwar lebe ich seit 1981 fleischlos, war bis zum Kanal aber ein typischer “Puddingvegetarier”. Auch jetzt nach dem Kanal möchte ich weitertrainieren.

Neue Ziele? Schaun wir mal... An einem Abend kurz nach unserer Ankunft in New York fragte Sri Chinmoy uns neugebackene Ärmelkanalschwimmer, indem er in die Luft schaute als würde er eine Vision vor Augen haben: “ What do you think – was haltet ihr davon: den Ärmelkanal durchschwimmen, 150 Meilen Radfahren, 50 Meilen laufen – do you find it frightening or challenging – empfindet ihr das furchteinflößend oder als eine Herausforderung?“ Ich antwortete: “Challenging!” Kurze Zeit später begann ich mit dem Radfahren.

P.S.: Per Zufall, weil ich bei einer Freundin wohnte, deren Vermieter die deutsch-amerikanische Gesellschaft kennt und von meiner Überquerung erzählte, wurde ich zur Steubenparade der deutsch-amerikanischen Gesellschaft eingeladen und durfte dort als Ehrengast mit Bürgermeister Ed Koch, dem Botschafter der EG und dem deutschen Konsul mitlaufen und auf die Ehrentribüne. Beim offiziellen Empfang am Tag zuvor vor dem Rathaus meinte der Vizebürgermeister, als er mir eine Nadel mit dem New Yorker “Apple” an die Jacke meines Trainingsanzuges heftete und das “Sri Chinmoy Marathon Team”-Emblem sah: “Ah, vom Sri Chinmoy Marathon Team. Diese Gruppe kenne ich gut. Das sind prima Leute.”

(Bericht von September 1985)

Link zu Vasantis Blog für ihr neues Projekt, einen Ärmalkanal-Triathlon: http://www.dover-heidelberg.blogspot.com